Mit einer komplexen Fehlbildung geboren zu werden, ist eine Herausforderung. SoMA vertritt bundesweit mehr als 1.200 Patient:innen mit anorektaler Fehlbildung, Morbus Hirschsprung oder Kloakenekstrophie bzw. deren Angehörige. Als Selbsthilfeorganisation unterstützen wir durch Beratung, Erfahrungsaustausch und Seminare.
Doch das alleine ist nicht ausreichend – Beratungen und Befragungsergebnisse unserer Mitglieder zeigen Versorgungslücken: angefangen bei korrekter Diagnosestellung, über erfahrene Operateure, bis hin zur Nachsorge. Es gibt immer noch keine spezialisierten Kliniken für diese Patientengruppe und Langzeitergebnisse zeigen den Bedarf an Nachbetreuung im Kinder- und Jugendalter sowie darüber hinaus.
Damit sich etwas ändert zum Wohle der Patient:innen und Angehörigen, sind wir auch in der Gesundheitspolitik aktiv.
Wir engagieren uns gemeinsam mit Kooperationspartnern in politischen Gremien und beziehen immer die Sicht der Eltern, Kinder sowie jugendlichen und erwachsenen Betroffenen und deren Bedürfnisse mit ein. Die Aktivitäten sind vielfältig:
- Zentralisierung der kinderchirurgischen Versorgung
- Krankheitsübergreifende Zertifizierungen
- SoMA – Aktionsplan
- Stellungnahme
- Schritt für Schritt zum Ziel
- Im Dialog bleiben
- Ansprechpartnerinnen
- Download – für alle, die sich weiter informieren möchten
Zentralisierung in der Kinderchirurgie
Anorektale Fehlbildungen, Morbus Hirschsprung und Kloakenekstrophie sind komplex, selten und haben verschiedene Ausprägungen. Nur spezialisierte Zentren verfügen über die notwendige Erfahrung, diese adäquat zu behandeln:
- Diagnosen werden korrekt und rechtzeitig gestellt, Behandlungen adäquat eingeleitet.
- Operationsmethoden werden daran individuell angepasst.
- Das Risiko für Komplikationen bei Operationen sinkt.
- Betreuung in der Nachsorge vermindert Einschränkungen der Kontinenz- und Sexualfunktion und zeigt Hilfen auf.
- Die langjährige Begleitung der Patient:innen erhöht das Erfahrungswissen der Behandler.
Durch spezialisierte Zentren profitieren alle. Wir setzen uns für eine Zentralisierung in der Kinderchirurgie ein, um die Lebensqualität der Patient:innen zu verbessern. Dafür sind wir auf verschiedenen Ebenen aktiv.
Zertifizierungs-Prozesse
Auch wenn es auf der Hand liegt: Mehr Erfahrung in einem Gebiet lässt bessere Ergebnisse erwarten. Doch wir sind von diesem Ziel leider noch zu weit entfernt. SoMA setzt sich seit Jahrzehnten für die Zentralisierung der Behandlung von ARM, MH und KE ein.
Erste Schritte auf krankheitsübergreifender Ebene sind die Zentrifizierungen der Zentren für seltene Erkrankungen des Nationalen Aktionsbündnisses für Menschen mit seltenen Erkrankungen. Dringend notwendig sind weitere Schritte auf politischer Ebene. Denn derzeit behandeln immer noch zu viele Kliniken Patient:innen mit unseren seltenen und komplexen Fehlbildungen. Beispielsweise werden 250 Säuglinge, die pro Jahr mit anorektaler Fehlbildung geboren werden, in über 100 Klinikstandorten operativ korrigiert.
Neue Wege in Zusammenarbeit mit Kostenträgern, politischen Entscheidern und anderen Selbsthilfeorganisationen geben Hoffnung. Zusammen haben wir einen Aktionsplan entwickelt.
Aktionsplan
Eltern und Patienten, die SoMA kontaktieren, berichten über vermeidbare Komplikationen und Behandler, die über wenig oder keine Erfahrung mit diesen seltenen Fehlbildungen verfügen. Damit sich dies ändert, setzen wir uns für folgende Punkte ein:
Mindestmenge: Fünf Eingriffe pro Jahr
Eine bundesweite gesetzliche Mindestmenge von jeweils fünf Eingriffen pro Jahr und pro Standort für die komplexen Korrekturoperationen bei anorektaler Fehlbildung und Morbus Hirschsprung ist als erster Schritt zu betrachten. Ziel ist, damit die hohe Anzahl an Gelegenheitsversorgern für die Hauptoperationen (= korrektive Eingriffe) bei ARM und MH von der Behandlung auszuschließen.
Patientenorientierte Versorgung
Die Versorgungsstruktur muss sich an dem Bedarf der Patient:innen und nicht an den Interessen der Leistungserbringer orientieren.
Patientenorientierte Ausbildungskonzepte
Kinderchirurgische Ausbildungskonzepte und Subspezalisierung müssen auf eine Verbesserung der Patient:innenversorgung abzielen.
Stellungnahme SoMA e.V.
SoMA hat in Zusammenarbeit mit verschiedenen Akteuren im Gesundheitswesen eine Stellungnahme für politische Entscheidungsträger:innen verfasst.
Im Klartext
Eine solch umfassende Verbesserung der Versorgungsstrukturen braucht Zeit. Doch jeder Tag, an dem ein Kind unwissend fehlerhaft operiert wird und dadurch lebenslang inkontinent bleibt, ist ein Tag zu viel.
Insbesondere Patient:innen mit komplexen Formen der Fehlbildungen, wie zum Beispiel die VACTERL Assoziation oder die Kloakenekstrophie, haben einen besonderen Bedarf. Da mehrere Organe betroffen sind, benötigen sie Behandler, die auf das jeweilige Organsystem spezialisiert sind. Eine interdisziplinäre Zusammenarbeit dieser Kliniken ist dabei besonders wichtig.
Zentralisierung in der Behandlung steigert die Lebensqualität aller Patient:innen. Zwar erhöhen sich Anfahrtszeit und -wege zur Klinik, wenn sich die Zahl der behandelnden Kliniken reduziert. Doch aus der Beratung unserer Mitglieder wissen wir: Eltern und Patient:innen werden immer eine qualitativ höhere Versorgung vorziehen. Hierbei handelt es sich um eine Entscheidung, die das ganze Leben beeinflusst.
Notwendige Veränderungen in der Versorgung können wir nur gemeinsam erreichen. Wir müssen im Dialog bleiben. Und jeder kann selbst einen Teil zur Verbesserung der Situation beitragen.
Nicole Schwarzer, SoMA e.V.
Im Dialog bleiben
Die Erfahrungen unserer Mitglieder, Eltern von betroffenen Kindern, Jugendliche und Erwachsene mit ARM, MH oder KE sind die Basis für all unsere Aktivitäten. Diese möchten wir sichtbar machen:
- Im SoMA Gesundheitsbogen erfassen wir Informationen zu den Patient:innen wie z.B. Diagnose, Operationen, Behandler und die Zufriedenheit damit. Durch das Ausfüllen trägt jede:r dazu bei, die eigene Realität abzubilden. Den Bogen erhalten alle Mitglieder bei Eintritt in den Verein.
- In SoMA Veröffentlichungen oder eigenen Studien, z.B. zur Fertilität transportieren wir Erfahrungswissen und können die Ist-Situation abbilden.
- In Zoom-Konferenzen mit oder Besuchen in kinderchirurgischen Einrichtungen erhält SoMA einen Überblick über Ansprechpartner, Nachsorgekonzepte oder sonstige Leistungen der Kliniken. Gleichzeitig kann SoMA die eigenen Ziele und Aktivitäten vorstellen.
- In Round-Table Gesprächen tauschen wir uns z.B. mit der Deutschen Gesellschaft für Kinderchirurgie aus.
- In Zusammenarbeit mit der Selbsthilfeorganisation KEKS e.V. begleiten wir VACTERL-Patienten und setzen uns gemeinsam für die Zentralisierung in der Kinderchirurgie ein.
- Außerdem arbeiten wir an Zertifizierungsprozessen auf nationaler und internationaler Ebene mit.
Ihre Ansprechpartnerinnen
Haben Sie weitere Fragen zu diesen Themen? Dann kontaktieren Sie unsere Ansprechpartnerinnen.
Alle gesundheitspolitischen Aktivitäten der SoMA finden in enger Absprache mit dem Gesamt-Vorstand von SoMA e.V. statt.
Mitglieder des interdisziplinären Fachbeirats unterstützen SoMA im fachlichen Bereich, wie z.B. bei der Erstellung von Fragebögen zu Diagnosen, Operationen und Nachsorgesituation der Patient:innen.
Dr. Miriam Wilms
Viszeralchirurgin/ Proktologin; Mitglied des Interdisziplinären Beirats von SoMA e.V.
Hier finden Sie Artikel zum Thema Gesundheitspolitik, die in Fachzeitschriften oder Medien der Selbsthilfe erschienen sind. Oder beteiligen Sie sich selbst mit Ihren Erfahrungen und füllen Sie den Fragebogen der SoMA zu Diagnose, Behandlung und Zufriedenheit mit der Nachsorge aus!